Südpolen – Kulturschätze an Weichsel und Oder

so lautete das Motto der 29. Studienreise  des Paderborner Ortszirkels „Drei Hasen“ vom 30. August bis 6. September 2015.

Viele kannten Polen aus vergangenen Zeiten, staunten aber sehr wohl über den Wandel des Landes; jeder spürte: Das Land hat dem Besucher viel zu bieten, ein neuer Wind weht durch das Land, viel wurde in die Restaurierung, aber auch Modernisierung der Städte investiert. Die Reiseleitung, zunächst Beata des Vorjahres, dann Natalja, ebenso eine junge Polin, ließen uns beide mit Begeisterung die Kulturschätze ihres Landes entdecken.

Wir wollten  mit „Riesengebirge“ und „Hoher Tatra“ Naturschönheiten reizvoller Landschaften erleben, aber auch auf die Geschichte und Tradition großartiger Städte mit ihrem eigenen unverwechselbaren Charakter blicken. So führte uns die Reise durch  Südpolen vom Riesengebirge aus bis zur Hohen Tatra in bedeutende Barockklöster, protestantische Friedenskirchen und auf schmucke Marktplätze mit Giebelhäusern und Laubengängen in kleinen und großen Städten; ein Gebiet, das manchmal auch als "Garten Europas" bezeichnet wird.

Ein Abstecher auf der Hinreise nach Schlesien führte uns  zunächst  nach Görlitz, eine der wertvollsten städtischen Anlagen Deutschlands. Mit über 4.000 unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden ist Görlitz nach Abschluss zahlloser Sanierungsarbeiten wieder zu einer schlesischen Perle geworden. Wegen eines großen Stadtfestes konnten wir einige der schönen Hausfassaden zwar nicht vollständig erleben, spürten aber die Freude der Menschen beim Feiern mit ihren direkten polnischen Nachbarn auf der anderen Seite der Neiße, die ebenfalls ein großes Fest begingen und sich gegenseitig über die Altstadtbrücke besuchten; „Europastadt Görlitz und Zgorzelec“, ein überzeugendes Beispiel dafür, wie die Menschen zweier Nationen Grenzen überwinden.

Bei einer ganztägigen Rundfahrt erwartete uns das Riesengebirge/Karkonosze,  das höchste Gebirge Schlesiens – der Name steht für schlanke Felsen, geheimnisvolle Bergseen, klare Quellen und kalte Gebirgsbäche. Wir erlebten u.a. die Schneekoppe, den grössten Berg des Riesengebirges und von den Einheimischen liebevoll als „Ahle Gake“ bezeichnet. Der Berggipfel befindet sich je zur Hälfte auf polnischem und tschechischen Gebiet; wir erreichten das „Schlesierhaus“ bequem mit einem Sessellift; einige ganz Wanderfeste sogar erfreuten sich an dem wunderschönen Ausblick auf den „Garten Europas“ vom Gipfel aus.

Inmitten   der  bizzaren  Felsformationen   des  Gebirges  liegt  Karpacz,  das  ehemalige  Krumhübel.  Der   kleine

Ort am Fuße der Schneekoppe beherbergt eine Weltkulturerbestätte, die weit über die Grenzen des Riesengebirges hinaus bekannte Holzstabkirche Wang, die im Jahre 1841 auf Geheiß von König Friedrich Wilhelm IV. aus Norwegen hierher transportiert wurde.

Davon nicht weit entfernt liegt Jelenia Gora/Hirschberg, zu früheren Zeiten der Mittelpunkt des schlesischen Leinen-, Tuch- und Schleierhandels. Sehenswert ist hier der „Ring“ mit dem Rathaus und den schönen Laubengängen und die große Gnadenkirche.

Auf unserem Weg nach Krakau besuchten wir zunächst Swidnica/Schweidnitz mit der Friedenskirche.  Dieses aus Fachwerk gebaute besondere Kirchengebäude, ein weiteres Weltkulturerbe, wirkt von außen unscheinbar und beeindruckt die Besucher dann im Innern mit seiner besonderen Architektur und Größe. Die Friedenskirche entstand Mitte des 17. Jahrhunderts nach dem Westfälischen Frieden, dem sie den Namen verdankt, und bietet für 7500 Menschen Platz.

Eingebettet in eine reizvolle Landschaft zwischen Feldern, Wiesen und Wald unweit der Nordflanke des Riesengebirges stand an diesem Tag auf unserem Reiseplan auch das Kloster Krzeszów/Grüssau. In der langen Perlenkette der schlesischen Kunstdenkmäler ist Grüssau eines der größten und prächtigsten und steht auf der Warteliste zum Weltkulturerbe.

Die nächsten vier Tage verbrachten wir in Krakow/Krakau, wegen seiner vielen Kirchen oft als „Slawisches Rom“ bezeichnet. Die alte Königsstadt an der Weichsel, von deren Burg Wawel aus  Polens Monarchen über 500 Jahre herrschten, gilt noch immer als heimliche Hauptstadt und gehört zu den schönsten historischen Kulturme­tro­polen Europas. Die im zweiten Weltkrieg nicht zerstörte Altstadt  mit dem jüdischen Viertel Kazimierz ist wunderbar erhalten und steht auf der Weltkulturerbeliste. Die Universität zählt zu den ältesten der Welt, und in der Marienkirche konnten wir die dynamischen Figuren des Veit Stoß bewundern. An einem Abend erfreuten wir uns bei einem Abendessen in einem jüdischen Restaurant mit Live-Klezmermusik.

Mit Wieliczka/Groß Salze, einem ganz in der Nähe von Krakau gelegenem Salzbergwerk, besuchten wir eine nächste Weltkulturerbestätte (bereits seit 1978). Die Geschichte dieses Salzbergwerkes geht bis ins Mittelalter zurück. Der Jahrhunderte währende Salzabbau schuf ein unterirdisches „Gewirr“ mit Gängen von fast 300 km Länge und ca. 3000 Kammern. Es gibt Salzseen, ein Museum, authentische Bergbauanlagen, Salzdenkmäler, ein Restaurant, Souvenirläden, einen Konzertsaal, sogar ein Sanatorium gibt es hier in 135 Meter Tiefe unter der Erdoberfläche. Besonders beeindruckend ist die Größe und Ausstattung der Kapelle der Hl. Kinga und die Kapelle St. Anton mit interessanten Salzbildern.

Die Hohe Tatra/Tatry Wysokie ist das kleinste Hochgebirge der Welt mit dem bekannten Kur- und Wintersportort Zakopane. Der erste Abstecher führte uns mit einer Kutsche zu einem Karsee, dem sog. „Meerauge“ (pol. „Morskie Oko“); dieser Gletschersee liegt auf einer Höhe von 1395 M.ü.M. Und gehört mit einer Tiefe von über 50 Metern zu den vier tiefsten Seen Polens. Weiter erwartete uns eigentlich eine Fahrt mit der Zahnradbahn auf die Höhe Gubalkowa, die bei schönem Wetter mit einem herrlichen Ausblick auf Zakopane und über das gesamte Gebirge aufwartet. Die vielen Wolken am Himmel ließen uns jedoch daarauf verzichten; wir bummelten dann lieber (trotz leichtem Nieselregen) über einen Markt mit handwerklicher Volkskultur von den sogenannten "Goralen" (Bergbewohnern), die die Eigenheit ihrer Musik und Gesänge bis heute zu bewahren vermochten. Beim Abendessen  in einem urigen Berglokal mit regionaler Küche konnten wir uns davon überzeugen.

Den Abschluss unserer erlebnisreichen Woche bildete Wroclaw/Breslau, eine dynamische Stadt. Neues wird phantasievoll gestaltet, aber Altes auch sorgsam gepflegt. Hier leuchten die bunten Fassaden der Barockpaläste, und  die lebendige Altstadt beeindruckte uns mit einer Fülle von hervorragend restaurierten historischen Bürgerhäusern, dem gotischen Rathaus, dem monumentalen Dom, der Jahrhunderthalle wie auch mit der Universität und deren Barocksaal „Aula Leopoldina“. Durch ihre Lage an der Oder mit ihren zahlreichen Nebenflüssen und Kanälen liegt Breslau, genannt „Schlesisches Venedig”, einzigartig auf zwölf Inseln, so dass unzählige Brücken die Stadt schmücken und sich die ältesten Stadtteile grösstenteils auf Inseln befinden. Ein „würdiger“ Abschlussabend in einem guten traditionellen Lokal am Marktplatz bildete  den Schlusspunkt unserer Reise.

Vielfältige und bunte Eindrücke nahmen vierzig Reisende nach erlebnisreichen Tagen mit nach Hause; eine Reise ging zu Ende, die sich von anderen Reisen unterscheidet: Die schönen Kaffeepausen, die durch leckere Kuchenspenden erst ermöglicht wurden, vertieften wieder einmal das Gemeinschaftserlebnis unserer jährlichen Studienreisen im Ortszirkel.